Wir sind daran gewöhnt, dass das «Blaue Licht» in der Natur vorkommt. Die Sonne scheint, wir sind fit und den ganzen Tag voller Tatendrang unterwegs. Mittlerweile begegnet uns das «Blaue Licht» auch über Handys, Computer und sonstigen Bildschirmen. Mitten in der Nacht springt es uns aus dem Display an und wir finden keinen Schlaf. Unser Schlafrhythmus ist gestört. Das hat Auswirkungen auf unsere mentale und physische Gesundheit.
Von Ben Köppel und Laoda Démoulins
Wissenschaftliche Fakten
Die Wissenschaft erklärt sich das Phänomen des Blauen Lichtes folgendermassen: Blaulicht ist kurzwelliges energiereiches Licht, das auf natürliche Art und Weise von unserer Sonne ausgestrahlt wird. Dieses Licht ist für die biologische Uhr eines Menschen zuständig. Somit weiss der Körper, wann Tag und wann Nacht ist. Mithilfe des «Blauen Lichts» wird die Produktion des Hormons Melatonin gehemmt. Bei der Ausschüttung dieses Schlafhormons wird der Körper müde und verlangt nach Schlaf. Ausserdem werden bei Tageslicht das Glückshormon Serotonin und das Stresshormon Cortisol ausgeschüttet. Beide Stoffe beeinflussen uns, wir fühlen uns wach und leistungsfähig. Schaut man nun jeden Abend vor dem Einschlafen auf einen Bildschirm, kann das Einschlafen erschwert werden, obwohl das Blaue Licht vom Bildschirm 10-mal schwächer ist als das Blaue Licht der Sonne. Aber warum ist das so? Was versteht man unter «Blaulicht» genau? Die Physik kann uns dies erklären. Das von elektronischen Geräten wie Computerbildschirmen, Smartphones, Tablets und LED-Leuchten ausgestrahlte künstliche Blaulicht ist auch kurzwellig und liegt im Bereich von 400 bis 500 Nanometern. Unter schädlichem Licht versteht man die Wellenlängen zwischen 100 und 450 Nanometern. Darunter fallen auch die sehr kurzen UV-Strahlen. Das «unschädliche Licht» beginnt mit dem Türkis-blauen Licht ab 450 Nanometern. Ab diesen Nanometern nimmt die Schlafqualität, die Stimmung und das Wohlbefinden kontinuierlich zu. Die besten Werte haben das Gelbe- und das langwellige Rotlicht, welche 780 Nanometer erreichen. Wegen seiner höheren Energie und Intensität als andere Farben im sichtbaren Lichtspektrum wirkt das künstliche Blaulicht stärker auf das Auge und Gehirn als beim natürlich ausgestrahlten Blaulicht der Sonne.
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Dies bestätigt die 23-jährige Zürcher Studentin Lea, die wegen des Studiums täglich sieben bis acht Stunden lang vor dem Bildschirm sitzt. «Seit 2019, dem Studienbeginn, verbringe ich jeden Tag viel Zeit vor meinem Laptop, der viele Tools fürs Arbeiten anbietet. Meine Natel-Bildschirmzeit konsumiere ich durch WhatsApp, Instagram etc.» sagt die Studentin. Auf die Frage, ob sie gewisse Nebenwirkungen beobachtet, antwortet sie wie folgt: « Ja, bei zu langem vor dem Bildschirmsitzen, fangen meine Augen an zu brennen, und ich verspüre nicht die innere Ruhe, die ich mir wünsche.»
Das blaue Licht ist dementsprechend für unser psychisches Wohlbefinden mitverantwortlich. Wegen diesem Effekt werden in nordischen Staaten während den langen, dunklen Wintermonaten gezielte Lichttherapien gegen Winterdepressionen und Schlafstörungen eingesetzt.
Wir fragen nach!
Zum Thema negative Nebenerscheinungen bei hoher Bildschirmzeit fragen wir direkt bei Dr. med. Regula Salzgeber in der Augenpraxis IRIS in Bern nach. Regula Salzgeber studierte an der Universität Bern. Ihre Doktorarbeit handelt über Veränderungen des Sehnervs bei Schlafapnoe-Syndrom. Sie absolvierte ihre Ausbildung zur Augenärztin an der Augenklinik des Inselspitals Bern sowie an der Augenklinik des Universitätsspitals Zürich. Die Facharztprüfung absolvierte sie im Jahr 2013. Bis 2016 war sie Mitarbeiterin als Fachärztin im Augenzentrum Zytglogge. Im Jahr 2017 nahm sie ihre selbstständige Praxistätigkeit bei den Augenärzten am Bollwerk – heute IRIS-Augenpraxis – auf. Ausserdem war sie bis 2018 an der Berner Augenklinik am Lindenhofspital in Teilzeit als Fachärztin/Oberärztin tätig. Sie fokussiert sich vor allem auf die allgemeine Augenheilkunde und die Kinderaugenheilkunde. Ihre Ausbildung und praktische Erfahrung lassen auf ein grosses Fachwissen schliessen. Wir können davon ausgehen, dass Frau Salzgeber für unsere Fragen über Blaulicht die richtige Ansprechperson ist.
Laut Frau Salzgebers Erkenntnissen und Erfahrungen mit Patienten entzünden sich an der Augenoberfläche die Bindehautzellen und Hornhautzellen, wodurch die Augen trocken und gereizt werden.
Jedoch gibt es hierfür, laut Dr. Salzgeber, auch einen anderen Grund: «Oftmals liegt das Problem der trockenen Augen beim Blinzeln. Durch ständiges Anschauen des Bildschirms blinzelt man deutlich weniger, wodurch das Auge weniger stark befeuchtet wird.» Eine andere Theorie ist laut Frau Salzgeber der Einfluss des Blauen Lichts auf unsere Netzhaut. Diese Annahme ist jedoch noch nicht wissenschaftlich bewiesen. Dies legt Frau Salzgeber mehrmals dar. Die Gründe dafür sind mangelndes Wissen und noch nicht vorhandene Studien.
Ab einem bestimmten Alter, ca. 50 Jahre, wie Frau Salzgeber uns Bescheid wissen lässt, kann der langfristige Schaden vom Blaulicht meistens bemerkbar machen. Die getrübte, geschädigte Naturlinsen, die sogenannte «Grauer Star Linsen», können durch eine Operation mit Blaulichtfilter-Linsen, wie zum Beispiel Asphärische- oder Monofokalen- Linsen, ersetzt werden. Diese sollen den kurzwelligen Blaulichtanteil unserer Bildschirme rausfiltern. Auch Brillengläser, mit dieser Filtrationsfähigkeit, reduzieren den schädliche Lichtanteil um 15 bis 20 Prozent. Wie uns einen Optiker bei Fielmann erklärt, filtrieren aber ein paar Brillengläser nicht nur die schädlichen Blaulichtwellen, sondern auch die gesunden Wellen der Sonne. Dies kann bei Leuten, die durchgehend eine Brille tragen, zu einem Mangel der natürlichen Sonnenstrahlen führen.
Der Frankfurter Optiker Ludwig Oehm behauptet, dass Menschen, die eine solche Filtrationsbrille besitzen, länger, stressfreier und ermüdungsfreier am Bildschirm arbeiten. Wie Frau Salzgeber uns noch berichtet, sollte man eine bestimmte Distanz zwischen dem Bildschirm und unseren Augen einhalten. Dies ist ein massgeblicher Faktor, denn die kurzwelligen Wellen nehmen mit grösserem Abstand an Stärke ab. Man sollte auf jeden Fall immer wieder Pausen einbringen, indem man für ein paar Sekunden den Bildschirm aus den Augen nimmt, blinzelt und in die Leere starrt oder in die Ferne schaut. Das tut den Augen gut.
Ist das Blaulicht nun schädlich oder nicht?
Langfristige Schäden konnten beim Thema digitales Blaulicht noch nicht erforscht werden. Zwar konnte man feststellen, dass sich die Linse mit der Zeit trübt, jedoch sind langfristige Schäden bei der Netzhaut noch nicht bewiesen. Ein Aspekt, der noch ein grösseres Ausmass hat, ist der Abstand der Augen zu jeglichen Gegenständen. Weltweit nimmt die Zahl der Menschen, die mit Kurzsichtigkeit zu kämpfen haben, zu. Besonders erschreckend ist die hohe Zahl der von Myopie (Kurzsichtigkeit) betroffenen Kinder aus China. Eine Studie vom Land Taiwan zeigt, dass ca. 80 bis 90 Prozent aller chinesischen Kinder kurzsichtig sind. Man hat sich die Frage gestellt, ob dies genetisch veranlagt sei. Laut einer australischen Studie sei dies jedoch ein Irrtum.
Chinesische Kinder verbringen bereits in einem jungen Alter sehr viel Zeit mit dem Lernen, wodurch sie täglich viele Stunden vor Bildschirmen und Büchern sitzen. In Länder wie China ist das Schulsystem sehr streng, deshalb nutzen die Kinder die Mittagspause für einen Mittagsschlaf, anstatt an der frischen Luft zu spielen. Wenn man den ganzen Tag lang im Zimmer ist, dann befindet man sich andauernd in einem Nahsicht-Modus. Für einen gesunden Ausgleich, wäre ein Blick in die Ferne nötig. Diese Entspannung fehlt den Schülern in Asien oft. Insbesondere Kinder, die in eher reichen Familien und in städtischen Gebieten Chinas aufwachsen, sind von dem Phänomen betroffen.
Zudem haben Wissenschaftler festgestellt, dass durch das fehlende Sonnenlicht den Kindern Dopamin fehlt. Studien deuten darauf hin, dass der Botenstoff Dopamin das Längenwachstum des Augapfels bremst. Schüttet der Körper zu wenig Dopamin aus, wächst der Augapfel. Wenn der Augapfel grösser wird, verschiebt sich der Brennpunkt vor die Netzhaut und es führt zur Kurzsichtigkeit. Bei uns in den westlichen Ländern leiden nur 30 Prozent der Bevölkerung an Myopie, jedoch wächst dieser Anteil stetig, denn unsere Lebensweise wird laufend stärker von der Digitalisierung beeinflusst. Dies führt zur folgenden These: Die stetig steigende Anzahl von jungen Brillenträgern korreliert und hält Schritt mit dem wachsenden Bildschirmkonsum.
Was können wir dagegen tun?
Nach all den Gesprächen und dem Literatur Studium fragen wir uns, ob wir nicht unsere Gewohnheiten mit einfachen Tricks ändern können, um uns vor den Nachteilen des blauen Lichtes zu schützen.
Hier haben wir die wichtigsten Punkte aufgelistet, die einfach durchzuführen sind, so dass wir unseren Schlafrhythmus nicht zu arg strapazieren und wir unsere Sehfähigkeit nicht schädigen:
- Wir nehmen uns vor, so wenig wie möglich digital unterwegs zu sein.
- Falls wir uns besonders schützen möchten, dann bieten die Schutzbrillen mit der Uvex CBR-Tönung einen besonderen Schutz. Sie absorbieren rund 50% des Blaulichts mit einem Absorptionsmaximum bei 450 Nanometern. Sie sind ideal geeignet für Bildschirme am Arbeitsplatz.
- Da wir noch nicht vollständig ausgewachsen sind, nehmen wir den Tipp des Aufenthaltes im Freien besonders ernst und denken dabei an unseren Augenäpfel. Für diesen Punkt wäre ein Hobby im freien bei Tageslicht von grossem Nutzen.
- Am Abend stellen wir unsere Bildschirme auf ein blaulichtarmes Bild ein. Auf IOS heisst dieser Modus «Night Shift». Jetzt strahlt uns ein wärmeres Farbspektrum an, das uns später besser einschlafen lässt.
Falls Sie diese Reportage online lesen, sind sie ziemlich lange dem «Blauen Licht» ausgesetzt. Nun schauen Sie entspannt, ohne Blaulichtfilterbrille, in die Ferne, schalten den Computer aus und gehen nach Draussen. Egal wie entzückend das Wetter ist, schauen Sie auf keinen Fall in die Sonne!